Die Kalorientierchen und ich

„Kalorien sind die Tierchen, die nachts die Kleidung enger nähen.“

Sind es natürlich nicht 😀

Aber mal ehrlich – jeder Übergewichtige kennt diesen einen Moment, in dem er realisiert, wie dick er eigentlich tatsächlich ist. Auf einem Urlaubsfoto, beim Anprobieren neuer Klamotten, beim Wiederfinden alter Klamotten, im Vorübergehen in der Spiegelung eines Fensters.
Und es ist ja nicht so, dass man bis 10 Minuten vorher rank und schlank war – und plötzlich die Kalorientierchen da waren.
Nehmen wir mal alle aus, die durch Medikamenteinnahme oder Krankheit zugenommen haben, dann muss man feststellen, dass es tatsächlich das Essen ist, was Schuld ist.
Ob man nun aß, weil es einem Schlecht ging, oder sich belohnt hat, weil etwas Tolles passiert ist… Sonntags der Kuchen (weil das schon immer so war), Abends auf dem Sofa weil es so gemütlich ist…

Das Ding ist: Vom Essen wird man dick. Und das Umfeld wird es nicht leid, diesen Umstand immer und immer wieder zu erwähnen – nur für den Fall, man hätte es von gestern auf heute vergessen.

Im Umkehrschluss müsste es ja dann funktionieren, wenn man sich das Essen einfach verkneift.

Auch das kennen viele Übergewichtige – Frühstück ausgelassen (wird eh überbewertet), mittags einen Salat mit den Kollegen, zwischendurch heimlich mal ein Schokolädchen, abends nichts oder ein bisschen Gemüse.
Das Resultat: Man fühlt sich schlapp, nimmt nichts nennenswertes ab und irgendwann kommt eine Essattacke. Von der man natürlich ein schlechtes Gewissen bekommt. Das Umfeld hat natürlich auch mitbekommen, dass man anders isst. Von manchen bekommt man Unterstützung, andere sagen: „Hältst du eh nicht durch.“, andere sehen dich Salat essen und sagen: „Na, der reißt es nun auch nicht raus.“ Dann sind da noch die Verführer, die dir Schokolade schenken und dann enttäuscht sind, wenn du nicht sofort über sie her fällst.
Das Ende vom Lied – nach jedem Rückfall fühlst du dich schlecht und isst noch weniger.
Bei mir war es irgendwann so, dass ich es nicht ertragen konnte, in der Öffentlichkeit zu essen. Den ganzen Tag unterwegs gewesen, und Mittags ordentlich Hunger? Egal, wenn dich jetzt einer mit Essen sieht, fühlst du dich einfach nur furchtbar. Also esse ich einfach nichts.

Abnehmen dabei? Fehlanzeige. Tatsächlich wird man immer dicker.

Dann geht man vielleicht doch mal zum Arzt, oder zu einer Ernährungsberatung. Vom Arzt hört man: „Essen Sie FDH und ausgewogen, dann wird das schon. Und Sport!“
Die Ernährungsberaterin erklärt, was man wofür braucht, Vollkorn ist wichtig, bloß nicht so viel Fleisch, Käse und Eier, Margarine statt Butter und anbraten am Besten mit Wasser – funktioniert und spart kcal.
Man probiert es aus, knabbert am Vollkorn (Ich hasse Vollkorn), wird von den Portiönchen nicht satt, schmecken tut es auch nicht. Bewegung? Anfangs schon, aber dann… nö. Keine Lust, kein Antrieb, alle anderen gucken blöd.
Resultat? Abnahme gleich null. Man verfällt wieder in alte Verhaltensmuster, isst den ganzen Tag nix und abends tröstet man sich mit Schokolade.

So läuft das bei den meisten. Immer weiter. Man verliert den Bezug zum eigenen Körper, meidet sämtliche Spiegel, sogar Schaufenster. Bis der Blitz der Erkenntnis einschlägt. Und man anfängt nachzudenken.

Also: Essen macht dick. Wenig Essen auch.

Was also ist das Problem?
Ganz einfach: Das Notfallsystem des Körpers ist schuld.
Gibt man ihm essen, denkt er sich: „Wow! Ich nehme was ich brauche, und lege direkt was für schlechte Zeiten zurück. Nicht viel, aber man weiß ja nie was kommt.“ Eigentlich ganz schlau, so ein paar Notfallreserven. Die stören den Körperbesitzer, es wird diätet.
Macht man dann allerdings „Diät“ – egal ob Kohlsuppe, Brigitte oder sonstiges, bekommt der Körper zu wenig. Nun denkt er: „Huch! Was denn nun los? Egal, das krieg ich hin – die wichtigsten Dinge werden versorgt, der Rest muss warten, wichtig ist, dass ich noch bisschen mehr Reserven kriege! Falls das noch länger anhält!“
Der Körper ist in Alarmbereitschaft, denkt, es herrscht Hungersnot. Reserven aufgeben? Niemals!
Dabei nimmt man am Anfang ein bisschen ab, dann aber nichts mehr. Nach Ende der Diät isst man normal weiter und zack – alles was man abgenommen hatte, ist doppelt wieder drauf. Warum?

Das dachte der Körper: „Puuuuuh, endlich wieder genug, um alles ordentlich zu versorgen! Aber wenn das noch mal passiert? Besser die Reserven wieder ein bisschen auffüllen, man weiß ja nie…“
Und so geht es immer weiter. Bis ins Detail und sehr verständlich erklärt, ist es auch in diesem Artikel.

Natürlich beschäftigt sich auch die Wissenschaft damit. Und in deren Sprache, sind Kalorien der Brennwert eines Lebensmittels – was wird an Energie beim Verbrennen dessen freigesetzt. Als ob der Körper ein Ofen wäre 😀
Jedenfalls haben diese schlauen Leute dann errechnet, dass ein gesunder, normalgewichtiger Mann 2000 kcal täglich braucht. Aha. Und alles was drüber geht, setzt an. Nun ja.

Jeder Mensch ist anders. Der eine bewegt sich viel, der andere wenig.
Dann gibt es Menschen, die essen und essen – ohne je ein Gramm zu viel mit sich herum zu tragen. Andere sehen einen Kuchen und haben direkt 2 Kilo mehr drauf…

Der Nährwertgehalt der Lebensmittel schwankt – je nach Standort, Reifegrad, Regen, Sonne… und der tägliche Bedarf des Körpers schwankt genau so.
Und da soll man genau berechnen, wie viel man aufnimmt und verbraucht? Dann müsste man theoretisch auch das analysieren, was wieder ausgeschieden wird – denn das haben wir ja nicht verbraucht. Alles mehr als kompliziert.

Würden wir auf unseren Körper hören, wüssten wir, dass man Hunger hat, wenn man sich körperlich verausgabt.
Aber nein, wir zücken den Taschenrechner und Kalorientabellen und erklären unserem Körper den Krieg. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof, das muss schließlich auch der Körper mal begreifen!

Und wo hat uns die ganze Rechnerei, Planerei und Verzichterei am Ende hin gebracht? Sind wir alle rank und schlank? Mit optimalem Körperfettanteil?

Nein! Die Deutschen werden immer dicker. Und an der Stelle wollte ich nicht mehr.

So habe ich überlegt, was ich ändern könnte. Und kam durch einen Zufall auf eine Seite, auf der Low Carb erklärt wurde.
Käse, Fleisch, Butter erlaubt!
Nudeln, Reis, Brot verboten? Mochte ich noch nie!
Vollfettstufe bei Quark und Milch? Fantastisch!
Zucker und Süßigkeiten ade – au weia!

Natürlich brauchte ich anfangs doch die Listen – was ist wovon wie viel drin, was geht, was geht gar nicht.
Natürlich war es eine Umstellung – Sonntagsbraten ohne Kartoffeln auf dem Teller sieht anfangs einfach komisch aus.
Natürlich habe ich auch meine Werte berechnet – und dabei festgestellt, dass es mich wahnsinnig macht. Ständiges darüber nachdenken, ständiges Planen, ständig im Kopf mit essen beschäftigt zu sein…
Natürlich habe ich die Schokolade meines Freundes angeschmachtet – und war stolz auf mich, wenn ich ihr widerstand.

Es gab auch Rückschläge, Sonntags wurde doch mal ein Weizenbrot genascht oder in der Mittagspause schnell beim Bäcker ein belegtes Brötchen eingeworfen…

im Großen und ganzen lebe ich seit etwa 1 1/2 Jahren mehr oder weniger streng LC /LCHF.

Inzwischen kenne ich fast alle Listen auswendig.
Ich habe neu gelernt, auf meinen Körper zu Hören.
Ich kann wieder Hunger von Durst und Esslust unterscheiden.
Ich schlafe besser, bin aktiver und besser gelaunt.
Ich esse mich satt und nehme trotzdem ab.

Aber es gibt auch Nachteile.
Ich werde komisch angeguckt, weil ich Essen ohne Kartoffeln/ Pommes/ Nudeln bestelle. Aber da ich eh immer komisch angeguckt werde, fällt das kaum auf 😀
Ich reagiere auf Kohlenhydrate mit Bauchschmerzen und Durchfall. Also bleiben sie weg.

Ich habe jetzt inzwischen 10 Kilo abgenommen – nicht die Welt, aber hey! Das Gewicht wird weniger! Und nachdem ich 20 Jahre dick war, darf es ruhig auch etwas dauern.
Die Kalorientierchen sind herzlich bei mir zu Hause willkommen – denn ohne sie funktioniert der Körper nicht. Und ich dann nämlich auch nicht ^^

Liebe Grüße, eure Chrissy